DAS DIPTYCHON oder vom Selbstlaut zum Zwielaut
Das Diptychon ist nun einmal nicht – wie oft behauptet wird – das in zwei Teile zerlegte Bild im Nebeneinander, es ist das Beieinander von autonomen Formen mit verwandtschaftlichen
Beziehungen.
Opulente Rahmen, quietschende Scharniere oder scharfe Falten haben die Selbstlaute zu einem Zwielaut verschmolzen, sodass ein bewegbares und bewegendes Ganzes für den Betrachter (Benutzer)
erlebbar wurde: In Gedanken, Worten, Gefühlen und Taten reagiert er auf die Einladung zum Umklappen des Faltblatts, der Schreibtafel, des Flügelaltars –: also zur persönlichen Andacht im Hohen
Dom der Kunst.
Das Diptychon ist also auch ein Diphthong: Zwei verschiedene, verwandte Selbstlaute verbinden sich zu einem Zwielaut (wie z.B. aus dem Dehnungslaut [i:] ein Umlaut wurde (Düsseldorf)). Oder Sie
befinden sich andauernd in einem – rahmenbestimmten – Dialog.
Das wechselredende Zwiegespräch folgt den Regeln der rhetorischen Didaktik (dicere eandem rem, contradictio etc.) wie auch der gesprächigen Wendigkeit der Diplomaten (Wendehälse) und der
Diktatoren (dixi!).
Auch der Jargon der Diplom-Vergeber von staatlichen Diversitäten (Uni) taucht auf im diptychonischen Diphthong. Nicht zu vergessen bei der Beschreibung der Gesprächssituation im zweiteiligen
Kunstwerk ist das Wort VERKITTUNG aus der Fachsprache der Möbelschreiner: historische Kaputtitäten werden verklebt (verkitscht) zu einer Collage von bildnerischen Selbstlauten.
Bei aller Wertschätzung der Kunstgattung DIPTYCHON sollte nicht vergessen werden, dass auch im einfältigen ISMUS die zwei Seelen in einer Brust miteinander dialogisieren.
Bei aller – auch etymologischen – Forschung im DI-wald stößt der Kunstfreund schließlich auf ein archetypisches DIPTYCHON:
Das Verlobungsbild.
Zwei Eigentlichkeiten versprechen nach reizendem Zwiegespräch eine Eheschließung als Kunstwerk im goldenen Rahmen, der beide weiter Diskutierenden zusammenhält.
Nachbemerkung
Das hin- und hergerissene Diptychon spricht letztlich den Bildbetrachter an:
Komm näher!
Lass uns miteinander trialogisieren, um zu schaffen: das essentielle TRIPTYCHON.
© Skulpturen und Foto: Klaus Bushoff, Bearbeitung: Otto Hablizel
Teilnehmer:
Tuhama Al Mustafa
Jürgen Bauer
Roland Bentz
José Briceño
Klaus Bushoff
Tanja Deschner
Christa Düwell
Wolfgang Ehehalt
Armin Elhardt
Eva Friedrich
Elke Gaertner
Jutta Hansen-Paal
Annette Hecht-Bauer
Klaus Heuser
Kathrin Hillermann
Jürgen Jendrich
Linda Kauffmann
Frank Paul Kistner
Mark Krause
Sigitta Laubengaier
Barbara Lörz
Daiana Maties
Ingrid Neumann-Dannecker
Sawako Nunotani
Georg Ozory
Elke Pikkemaat
Doris Reimer
Dagmar Roos
Ines Scheppach
Günther Sommer
Ute Stechowsky-Göhringer
Jutta Uhde
Götz Wintterlin
Daniela Wirth
Gabriele Zeller-Kramer
Fotos von der Ausstellung © Otto Hablizel
Ausstellungsdauer: 27.09.– 02.11.2024
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Daniela Wirth (Sonntag, 22 September 2024 08:28)
Freu mich dabei zu sein!